Monatliche Berichte und Anregungen aus Aliensicht:

Erdenausgabe

Ein Projekt von Craz Ausgabe 6 - Juni 2002

Der Moloch

Wahnsinn ist relativ


Zitat des Monats: "Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor. Wir helfen mit, dass Täter nicht ungestört planen." (Stephan Landrock, Vorstand des Überwachungsriesen "Group 4")

QUIS CUSTODIET CUSTODES?

Wer überwacht die Überwacher? Nicht erst durch den 11.September und begünstigt durch den Preisverfall in der Computertechnologie erlebt die Videoüberwachung einen ungeahnten Aufschwung. Einmal abgesehen von den exzessiven Überwachungssystemen der Stadtstaaten wie Monaco oder Singapur hat Großbritanien neue Maßstäbe in puncto totaler Überwachung gesetzt.

1984 begann mensch dort, Kameras zu installieren, um streikende Minenarbeiter besser identifizieren zu können. 1985 folgten Fußballstadien und U-Bahnstationen. Mit einigen Erfolgen, wie 1990 der Verurteilung dreier IRA-Mitglieder oder 1993 der zufälligen Erfassung von zwei Jugendlichen, die einen Zweijährigen umbrachten konnte man die Aufrüstung von Videokameras an öffentlichen Orten rechtfertigen und stieß auf eine hohe Akzeptanz.

Seitdem hat sich weltweit "CCTV" (Closed Circuit Television), so nennt mensch vernetzte in sich geschloßene Fernsehsende- und Empfangssysteme, ob staatliche oder private praktisch ungebremst ausgebreitet. Die kritischen Stimmen mehren sich, doch diese Entwicklung scheint nicht aufzuhalten. Mensch sollte nicht fragen, wo sind sie, sondern wo sind sie nicht, die Spione, Voyeure und Überwacher. Ob in Kaufhäusern, Geschäften, Umkleidekabinen, Toiletten, jeder hat sein CCTV zur Überwachung der Mitmenschen. Und die offensichtlichen Kameras, auch oft zur Abschreckung bewußt sichtbar plaziert machen nur einen geringen Teil der tatsächlich Vorhandenen aus. Vorrangig betroffen sind davon Frauen, denn sie sind es hauptsächlich, die im Einzelhandel arbeiten und der Überwachung ausgesetzt sind. Ob zu ihrem eigenen Schutz oder zur permanenten Überprüfung, die Grenzen sind fließend.

Auch der technologische Fortschritt macht nicht halt. Lang sind die CCTV-Systeme nicht mehr schwarz-weiß, klobig und beschränken sich auf einen vorgegebenen kleinen Bildausschnitt, sondern sind farbig, fernbedienbar, 360° schwenkbar, ausgestattet mit starkem Zoom und kugelschreibergroß. Allein in Großbritanien werden jährlich 125.000 solcher Kameras verkauft.

In den USA wird immer öfter das biometrische Gesichtserkennungsprogramm "Facelt" (mit Facefinder) der Sicherheitsfirma Visionics eingesetzt. Ein Programm, das spezifische Gesichts-Charakteristika wie Augenabstand, Nasenlänge und Höhe der Wangenknochen (ähnlich der seinerzeitigen Bertillionage) mißt, diese Faceprints mit einem Code versieht, und in einer Datenbank binnen Sekunden mit Vorbestraften vergleicht. Der systematischen Kontrolle des Individuums sind damit kaum mehr Grenzen gesetzt. In Amerika und Australien wurde "Facelt" von den Einwandererbehördenim Kampf gegen Asylschwindler entdeckt. In Mexiko scannte man alle Wähler, um "Wahlbetrug" auszuschließen. Mit dem neuen "Remote Data Terminal" können Polizisten auf der Straße Verdächtige fotografieren, und per Handy mit der Verbrecherdatenbank vergleichen...

1999 ging in Europa finanziert von der EU Projekt "CROMATICA" (Crowd Monitoring with Telematic Imaging and Communication Assistance) in eine sechsmonatige Testphase. Noch beschränkt auf U-Bahnstationen wird der flüssige Ablauf von Menschenmassen überwacht und kontrolliert. Abweichungen von der Norm, wie z.B. zu langes verweilen am Bahnsteig löst Alarm aus. "Unerwünschte Objekte" können damit sofort erkannt werden. Doch dies ist nur ein Bruchteil der möglichen Verwendungszwecke. Beispielsweise Hautfarbe, Haarlänge oder andere Faktoren könnten in weiterer Folge mit Leichtigkeit herrausgefiltert werden. Eingesetzbar wäre ein derartiges System ohne Schwierigkeiten gegen Flüchtlinge, streikende Gewerkschaften, Demonstranten usw....

2000 ging die CROMATICA-Weiterentwicklung "PRISMATICA" (Pro-active Integrated Systems for Security Management by Technological Institutional and Communication Assistance) in den Testbetrieb... Ettliche weitere Programme wurden und werden in diesem Moment entwickelt.

Wer sich in Österreich auf der Insel der Seligen glaubt, irrt. Noch sind wir im Vergleich mit anderen Ländern am Anfang, doch wie lange noch? Irgendwann steht auch Österreich bevor, was mensch vielerorts noch unwissend unterschätzt.

Allein in den U-Bahnstationen der Wiener Linien befinden sich über 1000 Kameras...

Kontakt: craz@unitedaliens.at
Printed in Synapsus 2002
Erscheinungsort: Erde
Vertrieb: Vorwiegend Erde